Junge Labels und Newcomer-Marken nutzen den gesamten Online-Kosmos, um sich beim Konsumenten einen Namen zu machen: Werbung, Kundenkommunikation und Verkauf läuft über das Internet. Dabei fühlt sich der Juwelier oftmals übergangen oder bleibt bewusst außen vor. Aber ist das tatsächlich der richtige Weg?
Es ist ein Phänomen der jüngsten Vergangenheit: Sogenannte Online-Marken sind gerade im Trendbereich ganz groß im Kommen. Dabei handelt es sich um Newcomer aus dem Uhren- oder Schmuckbereich, die über Facebook, Instagram & Co. in kurzer Zeit große Markenbekanntheit erworben haben. Via Social Media schaffen diese Labels eine starke Begehrlichkeit beim Konsumenten. Diese sehen die diversen Instagram-Shots, die selbstverständlich perfekt inszeniert sind, und erhoffen sich durch den Kauf der betreffenden Produkte ein wenig von diesem lässigen Lebensgefühl zu erwerben. Beim Anblick der Uhr oder des Schmuckstücks schwingt diese positive Stimmung mit. Auch das ist ein Grund für die Beliebtheit von Uhren wie Rosefield, Paul Hewitt und nicht zuletzt dem Online-Marken-Vorreiter Daniel Wellington.
Faktum ist: Trendjuweliere können nicht auf die hippen Brands im Sortiment verzichten. Und dabei können sie aus dem Vollen schöpfen. Denn die vergangenen Jahre haben zahlreiche Online-Marken hervorgebracht, und der Markt boomt. Aber dennoch springen viele Juweliere nicht auf den Online-Marken-Zug auf. Viele halten an den Trendmarken, die sie bereits seit Jahrzehnten führen, fest. Warum ist das so?
Punkt 1: Schnell da und schnell wieder weg
Online macht's möglich: In kurzer Zeit ist eine Marke geboren, erfolgreich und dann schon auch wieder auf dem absteigenden Ast. Und der nächste Newcomer steht in den Startlöchern. Hat sich der Fachhandel endlich entschlossen, das neue Label im Sortiment aufzunehmen, ist der Hype vielleicht schon wieder vorbei. Daher verzichten viele Juweliere von Anfang an auf den Neuling.
Punkt 2: Online entdeckt, Online gecheckt
Online-Marken wissen, wie das Internet funktioniert. Alle diese Labels kommen auf den Markt und verfügen über diverse Social-Media-Kanäle und natürlich einen Online-Shop. So ist der interessierte Konsument schnell vom ersten Entdecken bei Instagram in den markeneigenen Online-Shop geführt worden, und schon einige Tage später kommt das begehrte Schmuckstück nach Hause geliefert. Ganz einfach. Ganz ohne Juwelier.
Punkt 3: Schnell da und schnell im Sale
Die Trendzyklen werden immer kürzer. Gerade Uhren und Schmuck im Trendbereich sind davon betroffen. Für viele Stücke geht es vom Status „New-in“ direkt in die „Sale“-Rubrik. Und die Rabatte können besonders bei den Uhren Dimensionen erreichen, so dass sich das Geschäft für den Juwelier nicht mehr rechnet. Hier machen vor allem die Online-Giganten wie Amazon, aber auch Kaufhäuser wie Galeria Kaufhof von sich reden.
Jeder Juwelier, der sich gegen das Aufnehmen einer Online-Marke in sein Sortiment entscheidet, findet einen Grund dafür. Es ist schließlich so, dass der Konkurrenzkampf unter Online-Marken tatsächlich wesentlich härter ist. Denn der Juwelier muss nicht nur den Kollegen vom anderen Ende der Stadt mitbedenken, sondern streng genommen auch alle Online-Shops und das vielleicht sogar weltweit.
ABER: Gegenpunkt 1:
Wer über-leben will, braucht Online-Marken Zauberformel: Angebot und Nachfrage. Jeder Einzelhändler, der Waren zum Verkauf anbietet, die den Konsumenten nicht mehr interessieren, kann sein Geschäft zu- sperren. Und was interessiert die Konsumenten? Attraktive Produkte. Kurz: Waren, die bei Instagram & Co. gepusht werden. Hat der stationäre Handel diese nicht im Sortiment, wird er seine Kunden mit hundertprozentiger Sicherheit an den Online-Handel verlieren.
Altbewährt ≠ Zukunftsorientiert – der Fall Fossil
Fossil macht es schon seit einigen Jahren ihren Fachhandelspartnern nicht leicht. Vielerorts hört man über einseitige Forderungen der Vertreter und vor allem über sinkende Verkaufszahlen. Dennoch setzen viele Juweliere auf die alt-bewährte und altbekannte Marke. Aber was soll der Fachhandel tun, wenn sogar auf der eigenen Fossil-Homepage und im markeneigenen Online-Shop die Rabatte die 30%-Marke bei weitem übertreffen? Richtig, er könnte auf starke Online-Marken setzen, die bei den Konsumenten wesentlich begehrter sind und nicht so stark rabattiert verschleudert werden.
Fazit
Es ist 2018. Und es ist fünf vor zwölf. Der Trendjuwelier muss umdenken. Online-Marken gehören genauso zum Geschäft wie der Batteriewechsel und Basic-Ware. Und schließlich kann der Juwelier etwas bieten, was online nicht kann: persönliche Beratung und Service. Das ist für Konsumenten wichtiger denn je. Damit kann der Juwelier den Online-Shop schlagen.
No Comments