Außerdem verdoppelt der dänische Schmuckkonzern sein Filialnetz in Deutschland. „Blickpunkt Juwelier“ sprach mit Niels Møller, Chef für Zentralwesteuropa von Pandora, über die Hintergründe der Trennung und warum kleinere Juweliere von dieser Entwicklung durchaus profitieren können.
Blickpunkt Juwelier: Herr Møller, so weit ging noch kein Lieferant, nämlich auf Christ und Kraemer verzichten zu können.
Niels Møller: Es ist auch für uns ein Meilenstein, und glauben Sie mir, es war für uns keine einfache Entscheidung.
BJ: Ist die Firma Pandora heute schon so weit, dass Christ und Kraemer verzichtbar sind?
Møller: Ich bin vor zweieinhalb Jahren bei Pandora angetreten mit der Aufgabe, die Marke in Deutschland auf die Landkarte zurückzubringen. Vor etwa zwei Jahren bekam der Vorstand eine Strategie präsentiert mit den Maßnahmen. Dabei haben wir natürlich immer darauf geschaut, was der optimale Footprint, also der Idealzustand im Markt, ist, und wie unsere optimale Vertriebsstruktur aussieht.
BJ: Die Trennung von Christ und Kraemer – wurde sie beschleunigt durch den Erwerb der 78 Biba-Filialen?
Møller: Ja. Der Plan, den wir aufgestellt haben, war ein 3-Jahres-Plan. Durch die Akquisition von Biba konnten wir ihn schneller durchziehen. Es ist klar, dass wir Standorte vis-à-vis von Christ oder Kraemer hinterfragen. Für das Pandora-Universum ist das der einzig richtige Weg. Unsere Monobrand-Läden beeindrucken durch Kompetenz, Sortiment und einzigartige Kauferlebnisse. Deswegen haben wir aus strategischen Gründen entschieden, unsere sehr gute Partnerschaft mit Christ und Kraemer bis Sommer 2016 zu beenden.
BJ: Man könnte es auch anders sagen: Sie haben sich die Biba-Standorte herausgesucht, wo es erfolgreiche Christ- und Kraemer-Geschäfte gab.
Møller: Man muss wissen, dass der Pandora-Kunde Douglas nahe steht und deren Filialen oft in unmittelbarer Nähe von Christ liegen oder lagen. Das kommt unter anderem daher, dass diese Firmen alle zur Douglas-Holding gehörten. Viele Biba-Mietverträge wurden von Douglas unterschrieben. Deshalb liegen auch die Shops im Umkreis von Douglas. Das bedeutet, dass Christ, aber auch Kraemer durch ihre guten Lagen sich immer wieder in unmittelbarer Nachbarschaft befinden. Das hat für alle Beteiligten keinen Sinn.
BJ: Bisher hat man Stores eröffnet und Christ weiterlaufen lassen.
Møller: Wir dürfen nicht vergessen, dass Partner wie Christ kein Vollsortiment von Pandora führen. Sie haben zum Beispiel keine Ringe, Ketten und Ohrringe von uns, zumindest nicht flächendeckend. Für viele Konsumenten ist Pandora daher in der Wahrnehmung nur eine Bracelet- und Charm-Marke.
BJ: Musste die Trennung von Christ und Kraemer so konsequent vonstatten gehen?
Møller: Ja. Es ist natürlich eine harte Botschaft, aber ich bin überzeugt, es ist der richtige Schritt auch für unsere Juweliere im Facheinzelhandel.
BJ: Welche Rolle spielen die Juweliere in Ihrer Rechnung?
Møller: Eine sehr wichtige. Wir wollen unsere Stores eigentlich nicht selbst betreiben, Franchise wäre uns am liebsten. Das Ziel ist, nur etwa 20 % in Eigenregie zu führen. Zum Beispiel dort, wo die Mieten utopisch hoch sind oder wo wir zunächst keinen Betreiber finden. Jetzt haben wir die Aufgabe, die White Spots von Christ und Kraemer mit Juwelieren zu belegen. Wir gehen aktiv raus und suchen neue Partner.
BJ: Verstehe ich Sie richtig? Der Juwelier hat jetzt die Chance, den Platz von Christ und Kraemer bei Pandora zu übernehmen?
Møller: An den Standorten, wo wir in Zukunft nicht mit eigenen Stores sein werden, ja. Und dies sind schon einige.
BJ: Wie soll der Juwelier Ihnen vertrauen, wenn Sie Christ kündigen?
Møller: Dort, wo Pandora eigene Stores betreibt, ist es für den Juwelier leider nicht möglich, Pandora zu erhalten. Aber dort, wo wir keine Stores haben – und wir wissen genau, wo noch Stores fehlen –, würden wir sehr gerne mit Juwelieren zusammenarbeiten.
BJ: Wie viele Juweliere haben Sie denn noch?
Møller: Es sind aktuell mehr als 400, wenn man die Key Account P.O.S. nicht einberechnet.
BJ: Die Distributionskürzung ging nicht ganz so glatt vonstatten, wie gedacht. Einige Juweliere, die für 2015 den Vertrag unterschrieben hatten, sind dann doch gekündigt worden.
Møller: Weil sie beispielsweise an Biba-Standorten lagen, die gemeinsam definierten Ziele nicht erreicht oder unseren Vorgaben leider nicht entsprochen haben. Wir möchten, dass unsere Juweliere den Verbrauchern das große Pandora-Markenerlebnis bieten. Wo das nicht geklappt hat, mussten wir entsprechend Konsequenzen ziehen.
BJ: Glauben Sie, dass Sie mit dem Store jeden Verbraucher abdecken?
Møller: Nein, glauben wir nicht. Das ist auch mit einkalkuliert.
BJ: Sie verzichten freiwillig auf Kunden?
Møller: Wir wissen schon, dass wir einen Teil der Kunden nicht auffangen können, weil diese Christ und Kraemer gegenüber loyal sind und auch weiterhin bei diesen Filialen einkaufen werden. Aber letztendlich muss man das Gesamtbild sehen: Was ist das Richtige für die Marke Pandora langfristig gesehen? Wir haben uns dafür entschieden, dass wir das, was wir machen müssen, jetzt machen.
BJ: Nach Umsetzung Ihrer Planung – wie viel P.O.S. einschließlich der Stores haben Sie dann noch in Deutschland?
Møller: Insgesamt ca. 700.
BJ: Geben Sie weiterhin grünes Licht für Juweliere in Städten mit unter 50.000 Einwohnern?
Møller: Ja, unbedingt. In einem Ort oder einer Stadt mit weniger als 50.000 Einwohnern lohnt es sich nicht, einen Concept Store zu eröffnen. Daher laden wir potentielle Juweliere in solchen Standorten herzlich ein, mit uns in den Dialog zu treten, um die Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit zu erörtern. Wir gehen davon aus, dass wir noch über 50 Juweliere im deutschen Facheinzelhandel auf Grund des Distributionspotenzials gewinnen können.
BJ: Bisher heißt die Devise, man braucht Christ, um in den Markt zu kommen und im Markt zu bleiben. Diese Regel brechen Sie.
Møller: Ja!
BJ: Haben Sie Bedenken?
Møller: Nein, überhaupt nicht. Und wir stellen fest, dass unser Distributionsmix aus Concept Stores, Juwelieren im Facheinzelhandel und Präsenz bei den großen Warenhauspartnern Galeria Kaufhof und Karstadt die richtige Mischung für uns im deutschen Markt ist. Und wir stellen fest, dass unsere Partner wie unsere eigenen Concept Stores wachsen. Zum Teil sogar zweistellig.
BJ: In zwei Jahren sind Sie die dominierende Nummer eins oder Sie sind weg vom Fenster?
Møller: Das sind die zwei Möglichkeiten. Und weil man sich im Leben immer zwei Mal trifft, sollte man eine Zusammenarbeit auch partnerschaftlich gut beenden.
Was die Betroffenen zum Pandora-Aus sagen, erfahren Sie in unserer Ausgabe 9 des BLICKPUNKT JUWELIER.
No Comments